"Und wo war Friedrich? Ohne Zweifel for, weit genug, um die kurzen Arme einer so schwachen Polizei nicht mehr fürchten zu dürfen. er war bald verschollen, vergessen. Ohm Simon redete selten von ihm, und dann schlecht; die Judenfrau tröstete sich am Ende und nahm einen andern Mann. Nur die arme Margreth blieb ungetröstet"
(vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S. 51 Z. 28-34) Mittlerweile sind wir fast am Ende des Buches angelangt und es wurde erneut eine Leiche aufgefunden. Der Jude Aaron wurde ermordet. Dieser hat zuvor auf einem Fest Friedrich vor versammelter Dorfgemeinschaft bloßgestellt. Dies führt dazu, dass Friedrich erneut verdächtig wird. Diesmal sieht er jedoch keinen Ausweg mehr und verschwindet. Hier stellt man sich natürlich die Frage, wer ihn den wirklich ermordet hat. Ist Friedrich der Mörder? Im Dorf wird erneut nach einem Schuldigen gesucht. Die Frage der Schuld ist nun schon mehrere Male aufgetaucht und wird definitiv ein Thema sein das wir in unserem Podcast behandeln werden. Ist Friedrich schuldig? Oder hat ihn sein Umfeld zu dieser Person gemacht? "Dann wandte er sich zu den Förster: 'Es ist nicht recht, dass der Unschuldige für den Schuldigen leide; sagt es nur allen Leuten: der da'- er deutete auf den Toten- 'war Friedrich Mergel.' Die Leiche ward auf dem Schindender verscharrt." (vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S.63 Z. 2-6) Wir befinden uns nun am Ende der Geschichte und auf der letzten Seite nimmt das Werk nochmals eine dramatische Wendung. Wir erfahren nun von dem Selbstmord Friedrichs, der sich an der alten Buche erhängt hat. Dieser hat sich zuvor als Johannes Niemand augegeben, um unerkannt in das Dorf zurückzukehren. Dass es mit unserer Hauptfigur ein solches Ende nimmt, hätte ich nicht erwartet. Auf diesem Baum befindet sich nun die Inschrift "Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast" (vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S. 63 Z. 10-11). Was die Buche zu symbolisieren hat gilt es nun herauszufinden. Und wie hängt dies mit dem Titel der Novelle zusammen? Für mich stehen noch sehr viele Fragen offen, mit denen wir uns jetzt beschäftigen werden.
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"Friedrich ward herein gerufen. Er trat ein mit einem Wesen, das sich durchaus nicht von seinem gewöhnlichen unterschied, weder gespannt noch keck. Das Verhör währt ziemlich lange und die Fragen waren mitunter ziemlich schlau gestellt; er beantwortete sie jedoch alle offen und bestimmt und erzählte den Vorgang zwischen ihm und dem Oberförster ziemlich der Wahrheit gemäss, bis auf das Ende, das er geratener erfand, für sich zu behalten."
(vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S. 37 Z. 25-33) Friedrich befindet sich nun Inder Obhut seines Onkels. Dieser erschient dem Leser/-der Leserin sehr unsympathisch. Der Charakter von Friedrich entwickelt sich auch zunehmend negativ und er lässt sich von seinem Onkel leiten. Er arbeitet nun für Simon und bekommt dabei zufällig mit, wie Holzdiebe ihr Unwesen treiben. In einem kurzen Gespräch mit Förster Brandis sagt er jedoch, nichts von alle dem mitbekommen zu haben. Am nächsten Tag ist der Förster tot. Hier kann man denken, dass er von den Holzdieben umgebracht wurde. Als Friedrich jedoch eine Aussage machen muss verschweigt er sein Gespräch mit Brandis. Auf Grund des Zitates oben kann man entnehmen wie gleichgültig Friedrich dem Ganzen gegenüberzustehen scheint. Wenn man ihn mit dem kleinen Jungen vom Anfang vergleicht erscheint er nun kaltherzig. Er ist nun 18 Jahre alt und ist schon zum zweiten Mal so nah mit dem Thema Tod in Verbindung gekommen. Wir werden nun sehen wie er sich weiterhin entwickelt und was ihm das Leben sonst noch bietet. Langsam stellt man fest, dass Gewalt, Tod und Hass (bes. gegenüber Juden) alltäglich sind. Entsprechend sind auch die Dorfbewohner abgehärtet und es bleibt kein Platz für Gefühlsduseleien. Ob dies jedoch gesund ist? Es ist jedoch interessant mehr über das Leben in der damaligen Zeit zu erfahren. So sind beispielsweise die Holzknappheit und der übermässige Alkoholkonsum Teil des Realität gewesen. Der historische Hintergrund bietet also schon jetzt einen Mehrwert, den ich aus dem Buch ziehen kann. "Friedrich hatte seinen Vater auf dem Stroh gesehen, wo er, wie man sagt, blau und fürchterlich ausgesehen haben soll. Aber davon erzählte er nie und schien ungern daran zu denken. Überhaupt hatte die Erinnerung an seinen Vater eine mit Grausen gemischte Zärtlichkeit in ihm zurückgelassen, wie denn nichts so fesselt , wie die Liebe und Sorgfalt eines Wesens, das gegen alles Übrige verhärtet scheint, und bei Friedrich wuchs dieses Gefühl mit den Jahren, durch das Gefühl mancher Zurücksetzung von Seiten Anderer."
(vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S.16 Z.35 und S.17 Z.1-7) Der Vater von Friedrich hat soeben eine Hochzeit besucht. Dort hat er sich wieder einmal betrunken, obwohl man gerade das Gefühl hatte, dass er die Kurve gekriegt hat und seinem Alkoholkonsum ein Ende setzt. Den Weg zurück nach Hause führte den Vater durch einen Wald. Doch unerwartet zog ein Sturm auf, der dem Vater zum Verhängnis wurde. Einige Männer haben ihn Tod im Wald aufgefunden und haben direkt seine Ehefrau davon informiert. Diese hat in der Nacht für ihren Mann gebetet, da sie die Gefahr des tobenden Sturmes erkannte. Auch Friedrich hat sich um seinen Vater Sorgen gemacht, wurde jedoch von der Mutter beruhigt. Nun steht jedoch fest, dass Margreth von nun an alleine für ihren 9-jährigen Sohn sorgen muss. Ob sie das alleine schaffen kann? Für Friedrich muss dies eine enorme Belastung sein und eine traumatische Erfahrung. Aus meiner Sicht ist es erschreckend, wie sich niemand um die Psyche des Jungen sorgt und er mit der Trauer um seinen Vater alleine gelassen wird. Wie wird sich dieses Trauma auf seine Person auswirken? Die Kinder in der Schule machen es ihm auch nicht leichter, da herumerzählt wird, dass von nun an der Geist seines Vaters im Wald umhergeht. Dadurch wird Friedrich zunehmend zum Aussenseiter. Ich empfinde seht viel Mitgefühl für den Jungen und Schrecken über die kaltherzige Reaktion der Mutter und seines Onkels. Bisher fällt es auf Grund der Sprache und neuen Charakteren schwer der Handlung gut folgen zu können. Deshalb kann es hilfreich sein, sich eine kleine Zusammenfassung der Novelle anzusehen, um so einen Überblick über die Charaktere zu erhalten. Dazu finde ich dieses kurze Video sehr hilfreich und informativ.
"Wo ist die Hand so zart, dass ohne Irren
Sie sondern mag beschränkten Hirnes Wirren, So fest, dass ohne Zittern sie den Stein Mag schleudern auf ein arm verkümmert Sein? Wer wagt es, eitlen Blutes Drang zu messen, Zu wägen jedes Wort, das unvergessen In junge Brust die zähen Wurzeln trieb, Des Vorurteils geheimen Seelendieb? Du glücklicher, geboren und gehegt Im lichten Raum, von frommer Hand gepflegt, Leg hin die Waagschal', nimmer die erlaubt! Lass ruhen den Stein - er trifft dein eigenes Haupt!- " (vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S. 9 Z. 1-12) Das Gedicht zu Beginn bietet einen untypischen Einstieg in die Novelle. Bei einem klassischen Werk wird zunächst Ort und Zeit beschrieben. Damit weckt Annette von Droste-Hülshoff einmal mehr das Interesse des Lesers und lässt von der ersten Zeile an Raum für Interpretation. Im Verlaufe der Handlung lassen sich diese Zeilen immer wieder auf Situationen und das Verhalten von Personen übertragen. Das Gedicht weisst Bezüge zu der Bibel auf und warnt vor zu schnellen Urteilen. Diese Thematik wird der Urteils im Werk mehrmals aufgegriffen. "Hat er dem Aaron Geld genommen, so hat ihn der verfluchte Jude gewiss zuvor darum betrogen. Hülsmeyer ist ein ordentlichen, angesessener Mann, und die Juden sind alle Schelme." (vgl. Annette von Droste-Hülshoff, Die Judenbuche S.16 Z. 24-27) Anhand dieser Aussage von Margreth wird die Haltung der Dorfbewohner gegenüber den Juden in dem Dorf deutlich. Hierbei weisst sie Friedrich in die Schranken und nimmt Hülsmeyer in Schutz, der Aaron geprügelt und ihm Geld abgenommen haben soll. Bereits hier lässt sich einer Parallele zu dem Inhalt des Gedichts ziehen. Die Mutter bildet sich anhand ihrer Vorurteile ihre Meinung. In dem Buch trifft man wiederholt auf alltägliche, antisemitische Zeilen, die offensichtlich eine Relevanz in dem Werk darstellen. Ob dies auf das christliche Weltbild der Autorin zurückzuführen ist, kann nicht eindeutig bestimmt werden. Klar ist jedoch, dass sie sich dabei auf historische Hintergründe bezieht und sich an dem Mordfall von Soistmann Berend orientiert. Auch dieser war, wie Aaron, ein jüdischer Aussenseiter der ländlichen Gesellschaft. Das Thema des Antisemitismus werden wir in unserem Podcast näher erläutern, da dies bis heute ein weit verbreitetes Problem in unserer Gesellschaft ist. |
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